Am 14. Juli 1789 erstürmte das Volk von Paris die Bastille. Die europäischen Fürstenhäuser bemühen sich, das revolutionäre Regime so schnell wie möglich zu beseitigen. Eine Koalition nach der anderen verbündet sich gegen das revolutionäre Frankreich. Eine preußische Armee hat Longwy genommen und marschiert über Verdun in Richtung Paris. Bei Saint Ménéhould, auf halbem Weg zwischen Luxemburg und Paris, um die Mühle von Valmy kommt es am 20. September 1792 zur Schlacht. Die revolutionäre Armee siegt. Tags darauf wird in Paris die Republik proklamiert. Die Koalitionsarmee strömt zurück, die französischen Truppen rücken nach. Am 11 Oktober räumten die Preußen Longwy.

 

Am 22. Oktober 1792 nahmen die Revolutionstruppen Esch ein. Es gab keine Kampfhandlung. Die Präsenz in Esch hatte keinen Bestand. Es geht die Rede davon, dass die Truppen Geld und Wertsachen eingefordert hätten.  Die französischen Truppen lagen vor der Grenze mit einem Hauptquartier in Tiercelet unter dem Befehl eines General Lefèbvre. Eine sofortige Einnahme der Festung Luxemburg schien noch nicht vorgesehen zu sein.

 

Die Geschichtsschreibung über die folgende Zeit ist mit einiger Vorsicht zu genießen. Das wünschte sich auch der Autor J.P. Theisen, der 1937 verschiedene Versionen des Geschehens in einem Werk veröffentlichte, das bei Kremer-Müller erschien. Es ereignete sich 1794. Der Herr von Schauenburg, der auf Schloss Berwart saß, bestellte Feuerwaffen aus der Festung Luxemburg und ließ sie an eine Reihe von Einwohnern verteilen. Österreichische Truppen stachelten gegen die gottlose republikanische Armee auf. Einige Heckenschützen schossen auf französische Soldaten die sich auf der Seite von Audun bewegten, oder die sich bereits auf Escher Territorium befanden. Es handelte sich nicht um die Abwehr eines Angriffes. Der General Lefebvre wollte sich von der Situation überzeugen und erschien am 24. April 1794 „mit einigen Reitern“. Ein gewisser Jacques Stoffel soll ihm das Pferd unter dem Hintern an- oder abgeschossen haben. Der Friedensrichter Klein stellte die Episode so dar:  Lefebvre kam am 22. Mai 1794 ohne Begleitung um die Ortschaft zu erkundschaften und um die Escher auf gütlichem Wege davon zu überzeugen, Angriffe auf die französischen Soldaten zu unterlassen.  Dabei wurde sein Pferd abgeschossen. Klein berichtet weiter es hätten 40 Mann im roten Turm und 30 andere an anderen Stellen in Bereitschaft gestanden. Als danach 3 Kanonenschüsse gegen Esch abgefeuert worden waren, hätten alle ihr Heil in der Flucht gesucht.

 

Am anderen Tag sei Lefebvre dann mit 5000 Mann erschienen und die menschenleere Stadt sei ausgeplündert worden. Ein alter Mann mit Hausnamen Kubber sei totgeschossen worden. Kubber könnte zum bürgerlichen Familiennamen  Niclou passen. Es ist offensichtlich, dass der adelige Schauenburg die Bevölkerung zu einem aussichtslosen Widerstand aufstachelte ohne selbst die geringsten Mittel zu besitzen, sie zu schützen. Es ist ziemlich provokatorisch auf einen General zu schießen, der sich gar nicht in einer Schlacht befand sondern verhandeln wollte. Die ganze Sache hatte dann auch dramatische Folgen, denn der ganze Flecken brannte ab und die Bevölkerung versteckte sich im Leudelinger Wald.  Nun stellte sich die Frage, wie die Stimmung in der Bevölkerung wirklich war. War die Bewaffnung gegen die Franzosen wirklich von der Mehrheit gewollt ?  Diese Frage ist nur sehr schwer zu beantworten, weil keine Meinungsäußerungen bekannt sind. Stimmt es wirklich, dass die Escher sich vor den Karren Schauenburgs spannen liessen, der 2 Jahre vorher ihre Freiheitsrechte aufkaufen wollte ? Oder war es nur eine Minderheit, die mit Waffen gegen die Franzosen vorging ?

 

Eine aktive Rolle hatte in jenen Tag ein früherer österreichischer Garnisonssoldat Namens Anton Schmiedeler gespielt, der sich in Esch niedergelassen hatte und als Steinmetz  arbeitete. Er spielte nun für Schauenburg den militärischen Lokalmatador. 

 

Es besteht der Verdacht, dass die Geschichtsschreibung des späteren 19. Jahrhunderts, als das Nationalbewusstsein in Luxemburg entstand, die Reaktionen auf die Ausdehnung des französischen revolutionären Regimes in Luxemburg stark deformierte. Es mag aber auch sein, dass die Vorstöße und Ausraubung von 1792 die lokale Bevölkerung gegen die revolutionären Truppen eingestellt hatte. Dass Luxemburg nun zu Frankreich gehören wurde musste keinesfalls von der Bevölkerung als Unrecht empfunden werden. Es bestand damals noch kein Nationalbewusstsein. Das Abkommen von Campoformio von 1797 zwischen dem Kayser Franz II., Herzog von Luxemburg, und Frankreich legalisierte zudem die Annexion des Herzogtums. Die Revolution brachte ruckartig eine völlige Reform der Gesellschaft im Bereich der zivilen Rechte, der Besitzrechte, der Justiz, der Wählbarkeit der Ämter (nur durch steuerzahlende Männer – zensitäres Wahlrecht) und Modernisierungen, wie das Dezimalsystem, die einen riesigen Fortschritt im Vergleich zur spanischen Gesetzgebung darstellte. Der Historiker Gilbert Trausch äußert auch die Meinung, dass die Bevölkerung nur gegen einige Aspekte der französischen Politik eingestellt war; dazu mag die Zwangsrekrutierung gehört haben, die es bisher im Herzogtum nicht gegeben hatte.

 

1798 werden 38 Escher in die republikanische Armee eingezogen. 10 werden nicht zurückkommen. Vom „Kleppelrich“, einem Aufstand gegen die zwangsweise Eingliederung in die französische Armee, der sich im Ösling unter dem Impuls der Geistlichen entfachte, ist im Süden nichts bekannt. Es waren im Prinzip 5 Jahrgänge eingezogen worden. Diese Einberufung sagt manches aus über den Gesundheitszustand der einheimischen Jugend. In den Ardennen waren 48,2 % der jungen Männer dienstuntauglich, 43,6 % im Durchschnitt des Departements!

 

1794 wird das Herzogtum Luxemburg zum Département des Forêts mit den Bezirken Luxemburg, Diekirch, Neufchâteau und Bitburg. Esch hat den Staus einer „gérance“ und gehörte zum Kanton Bettemburg. Maire sind 1797 Jean Bach, 1799 Jean Vandyck. Das Zivilstandsregister wird geschaffen.   Es scheint als ob der Neuaufbau des abgebrannten Esch ziemlich schnell erfolgte.

 

Die französische Revolution eröffnete jedenfalls für Esch eine Zeit des Aufschwungs. Et pour cause: Es war vorbei mit der Grenzsituation. Esch lag nun viel weniger im Süden Luxemburgs als im Norden der Lorraine. Von den Randregionen des aktuellen Großherzogtums ist nur Lothringen wirklich wirtschaftlich entwickelt gewesen: die Ardennen (aktuelle belgische Provinz Luxemburg), die Eifel, der Hunsrück waren wirtschaftliche Wüsten. Auf einen Schlag wandelte sich die geo-wirtschaftliche Lage Eschs vom Üblen zum Vorteilhaften. Wohl sollte es vorerst keine explosionsartige Entwicklung Eschs geben. Diese setzte erst mit der Ausbeutung der Minettevorkommen ein. Doch sprechen die Bevölkerungszahlen eine deutliche Sprache. Von 1801 bis 1810 verdoppelte sich die Bevölkerung von 435 auf 876 Menschen. Nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Regimes, als die Grenze wieder hergestellt wurde, wurde die Entwicklung nicht mehr gestoppt. Auch die holländische Zeit wurde für Esch weniger schlecht als für den Rest des Landes, denn bei der formellen Unabhängigkeit von 1839 zählte Esch bereits an die 1400 Einwohner…und das bevor der Eisenrausch einsetzte.

 

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