1.4. Erste Nennungen bis zur Freiheit

 

Im 3. Regierungsjahr von Karl dem Grossen (773-774) schenkt ein gewisser Nebulungus, aus dem Geschlecht des Königs, der Abtei Echternach einen Hof Hesc von 40 Hektar an die Abtei Echternach. Seither ist in Esch der „Wilwertszehnte“ bekannt, eine Abgabe von 10% der Erträge. Der Zehnte par im Prinzip wieder dreigeteilt und sollte zu je einem Drittel dem Fürsten, der Kirche und den Armen zugute kommen. Kenntnisse über den Zehnten sind in der Geschichtsschreibung deshalb so wichtig, weil die Besitzverhältnisse immer wieder festgestellt werden können. Das Terrain dürfte eher die Wälder in Richtung Rümelingen betreffen. Es ist die erste Nennung von Esch in bekannten Dokumenten, in diesem Fall das Liber Aureus Epternaciensis von 1222, das aber die Schenkung auf das 3. Regierungsjahr Karls datiert und dieses wäre 773-774. Das Liber Aureus listete die Rechtstitel des Klostergutes auf und die Quellen, wo diese Rechte entstanden sind. Es wird in der Bibliothek von Gotha aufbewahrt.

Eine Zeit lang beanspruchten unsere Namensvetter aus Esch an der Sauer die Schenkung von Nebulungus. Dass mit Hesc unser Esch gemeint war, scheint inzwischen nicht mehr angezweifelt zu werden.

 

789 schenkte ein Wichbertus dem Abt Assverus von Prüm seine Besitzungen in Lallingen, Zaepet und Kal(heim) (auf Latein Lullings, Addeobace und Acaliaimo). Diese Besitz begreift laut Flies 9 abgestiftete Hufen oder Hörigenhöfe. Die Abgaben dieses Bereichs gingen wohl nach Puzol, bei Metz, von wo aus die Güter der Abtei von Prüm in unserer Gegend verwaltet wurden. Von Puzol oder vom Gutshof Peschels oder Petzelshof bei Russange abgeleitet sprach man immer vom „Pesselszehnten“.

 

798 schenkte Hericus Schifflingen an Echternach.

 

Am 5.2.842 vermachte Lothar der I., ein Enkel Karls des Grossen, seinem Getreuen Alpkar 25 Hufen zu Oth und 1 Hufe zu Rüssingen, davon manches auf dem Escher Bann. Lothar starb in Prüm, wo auch diese Akte gefunden wurde.

 

874 schenkte Karl der Kahle den 4.Teil einer Hufe „apud alium Asc“, also beim „anderen Esch“ an die Abtei Juvigny bei Marville. Die Bezeichnung das andere Esch kommt daher, da in derselben Schenkung auch ein anderer Ort mit ähnlichem Namen genannt wird. Das Terrain liegt bei Kleesgröndchen, einem kleinen Seitental des Burgronn, und wird lange unter dem Namen am Algär bekannt bleiben.

 

Nach den Nennungen von 773-774 und 874 wurde Esch 270 Jahre nicht mehr erwähnt bis am 3.5.1145 wo der Graf (von Luxemburg) 16 Morgen an das Kloster U.L.F. von Luxemburg verschenkte. Warum dieses lange Schweigen oder besser warum findet man keine Schreiben über Esch, denn es ist natürlich möglich, dass Schriftstücke verfasst wurden, aber dass sie nicht bekannt sind?

 

Ich sehe drei Arten von Erklärungen:

a)    Es gab keinen Anlass, d.h. es hat sich auf dem Escher Bann nicht viel getan. Ein Autor bemerkt, es gäbe keinen Grund, Akte zu verfassen, die die Ortschaft Esch betreffen, da die strategische Lage so wichtig sei, dass an eine Veräußerung seitens des Grafen von Luxemburg gar nicht in Frage gekommen wäre.

b)    Das 10. Jahrhundert ist das Jahrhundert des Zerfalls des Karolingerreiches, eine trübe Zeit, von der wenig Dokumente erhalten sind. Mit dem Zerfall des Reiches zerfällt auch der große Wawergau in Untergaue pagus Ivorius (Ivoix), pagus Virdunensis (Verdun), pagus Ordonenis (vallée de l’Orne), pagus Arlunensis (Arlon) pagus Methensis oder Methingow, der etwa dem heutigen Gutland entspricht. Die kaiserliche Gauverwaltung geht über zur Grafschaft. Es darf nicht vergessen werden, dass 963 der Graf Siegfried sich in Lucilinburugh niederließ. Der Kaufakt des Bockfelsen ist übrigens original  erhalten. Wir sind in der Zeit des Übergangs des zentralisierten Reichs zur Feudalgesellschaft, der nicht ohne Desorganisierung vor sich ging.

c)    Dennoch scheint unsere heutige Gemeinde während einem Vierteljahrtausend keine bedeutende Rolle gespielt zu haben. Bis zum 10. Jahrhundert hatte die Besiedlungsstruktur noch weitgehend die der antiken gallo-römischen Zeit beibehalten: einige wenige Städte (Trier und Metz), einige  Handwerkerflecken (Dalheim und Titelberg) an den großen Verkehrsrouten und dann größere Güter, die sich von den römischen Villen ableiteten. Dörfer gab es bis dahin nicht, aber es ist im 10. Jahrhundert mit dem Feudalismus die Zeit gekommen, wo eine erste Welle von Dörfer in unserer Gegend entstanden. Wenn eines bei uns entstand, dann war es vielleicht eher Schifflingen als Esch. Die Endung auf „ingen“ deutet auf einen fränkischen Ursprung hin.

 

(Dies erlaubt es, eine Klammer zu öffnen, und die Frage auf zu werfen: waren zuerst die Dörfer da oder zuerst die Städte? Für unsere weite Gegend muss für das Entstehen der Städte vor den Dörfern optiert werden. Es gibt heute noch Gegenden in Europa, wo nie Dörfer entstanden sind: das trifft auf größere Teile des italienischen Mezzogiorno zu. In Apulien, in Sizilien hat es nie Dörfer gegeben und gibt es auch heute noch keine, höchstens ein vilaggio turistico oder eine Fischersiedlung, die im 19. Jahrhundert entstand.)

 

Warum Schifflingen mehr Bedeutung zumessen als Esch ? Das kränkt den lokalen Patriotismus. Wir müssen an dieser Stelle einen kleinen Umweg über die Geschichte der Pfarreien machen.

 

Unter den Karolingern wurden regionale Kirchen gebaut, die oft auf einer Anhöhe standen und zu der Kirchenpfade aus den umliegenden Bannen führten. Kirchen waren zur Karolingerzeit dünn gesät. Die Viandener etwa hatten keine Kirche und gingen zum Nachbarort Roth (heute auf der deutschen Seite), die Luxemburger gingen nach Weimerskirch. Es ist also nicht  Ungewöhliches, dass die Zentralkirche unserer kleinen Gegend auf dem Petersberg (heutiger Flurname „Klauss“) auf den Anhöhe zwischen Schifflingen, Kayl und Esch stand. 1929 kamen dort Steinsärge ans Licht, die „der karolingischen oder merovingischen Zeit zuzuordnen sind“ (Pauly). Ein anderer Autor zitiert „en l’eglize de Saint Pierremont de Keyle“. An der Existenz dieser Zentralkirche, von der heute keine Spuren mehr zu  sehen sind, kann kaum ein Zweifel bestehen. Dort stand das einzige Taufbecken (Taufen war mit Abgaben verbunden), dort war der einzige Friedhof. Flies zitiert S.70 aus einem Prozessbericht sehr späten Datums, von 1519 nämlich, als diese Kirche noch bestanden haben muss. Die „ganze gemeyne der freyheit esche by der alsass“ klagt gegen den Regenten (den Dienst tuenden Pfarrer) der St. Martinskirche von Schifflingen, Tilman Becker, wegen Störung des Pfarrbrauchtums in 8 Punkten. Punkt 4 lautete dass er, Tilman Becker, „item der glichen des montages in der krutz wochen sich abehendig gemacht uff sant perters berg in Ir muterkirchen misse zu lesen, als von alters gewonlich“…Also der Pfarrer war faul und unterschlug die geschuldete Messe vom Montag in der Karwoche auf Petersberg.

 

Warum dieser lange Exkurs ? Nun, im 10. Jahrhundert wurde die St. Peterspfarrei aufgesplittert und es entstand die Pfarrei St. Martin in Schifflingen, zu der auch Esch gehören wird und zwar bis ins Jahr 1790. Flies spekuliert zwar über eine frühfränkische Kirche in Esch, doch er kann keinen stichhaltigen Beweis liefern. Eine oder zwei kleine Kapellen u.a. im Bering der Herrschaft mag es gegeben haben. Die St. Martinskirche in Schifflingen dürfte im 10.Jahrhundert entstanden sein, die Eingliederung der Escher in diese Pfarrei wird bei Flies auf ungefähr 970, spätestens aber 983 geschätzt.

 

Warum eine Pfarrei Schifflingen und keine Pfarrei Esch ? Der Verdacht liegt nahe, dass die Besiedlung des Escher Banns nicht bedeutend war. Es gibt, wie gesagt, keine Nennungen in Dokumenten und keine steinernen Zeugen aus der Zeit zwischen dem Zusammenbruch des Karolingerreiches und der sicheren Existenz einer dörflichen Gemeinschaft im 13. Jahrhundert. Das muss aber nichts besagen. Die St. Martinskirche lag nicht sehr weit von der Escher Grenze, wo heute der Schifflinger Kirchhof liegt, und der Standort mag dort ausgesucht worden sein, weil er gleicher Massen günstig für die Escher und die Schifflinger war. Noch ist nicht ganz klar, welches Gewicht die Erzgewinnung und die Eisenproduktion in der frühen Feudalzeit hatte. Waren die Tieföfen auf der Gleicht noch in Betrieb ? Die Auswertung der Grabung auf der Gleicht wird wohl noch weitere Aufklärung bringen.    

 

 

© Copyright Frank Jost, Weitergabe gestattet nur mit Quellenangabe 

Download
PDF Download
1.4..pdf
Adobe Acrobat Dokument 85.9 KB